Beilagen

Titel

Inhalt

Vorwort

 

Kap I:
Die Herkunft der 
frühen Bauern

 

Kap. II:
Siedlungen zw.
Main und Itz

II.1:
Landschaft-
liche Situation

II.2:
Siedlungsgeologie

II.3:
Dorfanlage

 

Kap. III:
Draisdorf

III.1:
topografische 
Lage

III.2: Fundgut




Keramikfunde
 in  Draisdorf




Geräte aus 
Felsgestein




Geräte aus
Sandstein




Geräte aus
Feuerstein


III.3:
Vorstellungswelt
der Bauern

 

 

Bildtafeln

Tafel 1: Keramik

Tafel 2: Keramik

Tafel 3: Steingerät

Tafel 4: Steingerät

Tafel 5: Silex

 

Literatur

Bild-
nachweis

I. DIE HERKUNFT DER FRÜHEN BAUERN

I.1 Die Begegnung zweier unterschiedlicher Kulturen

Als vor ca. 7000 Jahren die ersten Bauern Mitteleuropa kolonisierten, brachten sie eine Reihe bedeutender Neuerungen mit sich. In technischer Hinsicht war dies die Einführung neuer Geräte wie z.B. Keramikgefäße zum Kochen und zur Vorratshaltung oder geschliffene Steingeräte (Beile), die den Bau größerer Häuser ermöglichten.

Weit bedeutender für die Geschichte der Menschheit aber war der Wechsel in der Lebensweise und der Wirtschaftsreform. Die fremden Einwanderer waren Bauern, die Getreide anbauten und Viehzucht betrieben. Sie bauten feste Häuser und organisierten sich in Dorfgemeinschaften. Diese Sesshaftigkeit äußerte sich in der Anlage von Siedlungen und dazugehörenden Wirtschaftsflächen.

Die volle Tragweite diese Wandels kann man nur verstehen, wenn man kurz die Lebensweise der einheimischen, mesolithischen (mittelsteinzeitlichen) Bevölkerungsgruppen betrachtet, auf die die Bauern stießen:

Mitteleuropa war zu Beginn der Jungsteinzeit bevölkert von nomadisierenden Jäger- und Sammlerkulturen, die in altsteinzeitlicher Tradition von der Jagd auf Wild, vom Fischfang und vom Sammeln von Beeren und Früchten lebten. Auf hochwasserfreien Flußterrassen errichteten sie ihre Jagdlager aus lederbespannten Zelten. Diese Plätze wurden jedoch nur vorübergehend aufgesucht, als Sommer- oder Winterlager. Die Anlage massiver Bauten widersprach ihrer nomadischen Lebensart.

Ihre materielle Kultur bestand aus Steingeräten, die sie in verschiedenen Formen für die Jagd und die Zerlegung und Verarbeitung der Beutetiere herstellten. Die Beutetiere selbst lieferten ihnen Nahrung, Kleidung und Material für die Unterkünfte (Zelte).

Die Technik der Keramikherstellung kannten sie nicht, ihre Behälter waren aus leicht vergänglichen Materialien wie z.B. aus Leder, Flechtwerk oder Rinde. Als einziges Haustier hielten sie vermutlich Hunde, die ihnen bei der Jagd behilflich waren. Das Lebensbild der Jäger des ausgehenden Mesolitikums weist große Ähnlichkeit mit indianischen Jägerkulturen Nordamerikas auf.

Der Übergang von der "aneignenden" Wirtschaftsform (durch Jagd) zur "selbstproduzierenden" Wirtschaftsreform und der damit verbundenen Sesshaftigkeit stellt zweifellos einen sehr wichtigen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Zivilisation dar. Von vielen Wissenschaftlern wird deshalb diese einschneidende Veränderung gerne als "neolitische Revolution" bezeichnet.

Die Erkenntnis, dass die Menschheit in eine neue Stufe ihres Daseins eingetreten ist, hat ihren Niederschlag auch in uralten Mythen gefunden. Im biblischen Motiv von der Vertreibung aus dem Paradies und im sumerischen Gilgamesch-Epos kommt der Übergang vom freien, ungebundenen Jägerdasein zum abhängigen, aber sicheren Bauerntum in unterschiedlicher Weise zum Ausdruck 1).

Wie haben wir uns die Begegnung der beiden Kulturen vorzustellen? Wie reagieren die einheimischen Jäger auf die fremden Einwanderer und ihre neue Lebensweise?

Hier bieten sich verschiedene Reaktionsweisen der Einheimischen auf die Einwanderer und ihre neue Kultur an: Entweder sie (die Einheimischen) wichen aus und überließen ihr Land den Einwanderern, oder sie nahmen teilweise oder als geschlossene Bevölkerungsgruppe das Kulturangebot der Fremden an und wurden Bauern. Der wirkliche Ablauf lässt sich aufgrund fehlender Überlieferung nicht mehr rekonstruieren Aber vielleicht bietet uns ein Ereignis aus der jüngeren Geschichte ein passendes Denkmodell: Die Eroberung und Besiedelung des amerikanischen Westens im 18. und 19. Jahrhundert durch die weißen Siedler zeigt beispielhaft die Vielfalt der Reaktionsweisen bei der Begegnung zweier unterschiedlicher Kulturen. Wie bekannt lieferten die friedlichen, mehr aber noch die kriegerischen Kontakte beider Kulturen den vielfach beschriebenen und verfilmten Stoff zum Mythos vom "Wilden Westen".

Der Hauptgrund für die kriegerischen Auseinandersetzungen war die Landnahme und Verdrängung der einheimischen Bevölkerung. Solche Konflikte hat es nach Meinung einiger Wissenschaftler auch in der Jungsteinzeit gegeben, vor allem dort, wo sesshafte Bauern den Jägern Aufenthalt und Jagd in ihrem Gebiet streitig machten.

Dennoch darf man davon ausgehen, dass die Begegnungen überwiegend friedlich verliefen und die Jäger die Vorzüge der neuen Lebensweise erkannten und diese allmählich übernahmen.

Die Überlegenheit der Bauern zeigt sich vor allem in der Wirtschaftsweise. Sie produzierten ihre Nahrung selbst, legten Vorräte an und machten sich damit im Gegensatz zu den Jägern unabhängig vom Jagdglück. Darüber hinaus bot die Organisation einer Dorfgemeinschaft bessere Möglichkeiten, äußeren Gefahren zu begegnen.

Die Sesshaftigkeit und Selbstproduktion führen zu einem größeren Bevölkerungszuwachs. Einer Jägergesellschaft mit ihrer nomadischen Lebensweise wäre eine rasche Kinderfolge hinderlich.

Diese Tatsache führte sicherlich im Laufe der Zeit zu einer zahlenmäßigen Überlegenheit der Siedler - ein Umstand, der eine günstige Voraussetzung für eine dauerhafte Kolonisation darstellt.

 

I.2 Herkunft und Ausbreitung der bäuerlichen Kulturen in Mitteleuropa

Die Entstehung einer Bauernkultur in Mitteleuropa war nicht das Ergebnis einer eigenständigen Entwicklung. Für diese Feststellung sprechen verschiedene Tatsachen oder Gegebenheiten: Die Getreidearten (Einkorn, Emmer und Gerste) sowie die späteren Haustiere (Schaf und Ziege) waren in Mitteleuropa nicht heimisch. Die ausgereifte Technik der Keramikherstellung und des Steinschliffs waren ebenso unbekannt wie die Errichtung fester Häuser. Diese Kulturleistungen müssen also von einer auswärtigen Bevölkerungsgruppe mitgebracht worden sein.

Die Ursprünge der bäuerlichen Wirtschaftsweise liegen nicht in Europa, sondern im Nahen Osten. Hier finden wir die ältesten Belege für Getreideanbau und Tierhaltung in einem Bereich des Vorderen Orients zwischen Mittelmeer und Euphrat und Tigris, den man als "fruchtbaren Halbmond" bezeichnet (s. Abb. 2).

Aus: Hans-Jürgen Häßler, Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen, S. 111

Der Übergang vom Jäger zum Bauern erfolgte hier bereits zwischen dem 12. und 8. Jahrtausend v.Chr. Anfang des 7. Jahrtausends war die bäuerliche Lebensweise mit Ackerbau und Viehzucht und der Anlage von Siedlungen voll entwickelt. Die Bewohner dieser Region erfanden im Zusammenhang mit der Vorratshaltung und Essenbereitung die Technik der Keramikherstellung und waren vertraut mit der Verarbeitung von Wolle und Geweben aller Art.

Ausgehend von diesem Kernbereich erfolgte die Ausbreitung der bäuerlichen Kultur in mehreren Schüben nach Norden und Westen. Als Grund hierfür nimmt die Forschung an, dass steigender Bevölkerungsdruck (zunehmende Überbevölkerung durch Nahrungsüberfluss) die Menschen zu Auswanderung und Suche nach neuem Land zwang.

So entstand bei Catal Hüyük (Türkei, Südanatolien) ein bedeutendes neolithisches Sekundärzentrum. Über den Seeweg - Zypern, Kreta und die Inseln der Ägäis - erreichten die Kolonisten Südeuropa. An der ostgriechischen Küste bildete sich ein weiteres Zentrum der jungsteinzeitlichen Bauernkultur (Neolithisierungsherd) mit Ausstrahlung über den gesamten Balkan.

Im 6. Jahrtausend finden wir dann im Bereich des heutigen Ungarn ein donauländisches Sekundärzentrum der neolithischen Kultur vor: diese sogenannte Starcevo-Körös-Kultur. Sie ist nachweislich älter als die Bandkeramik Mitteleuropas. Formale Ähnlichkeiten in der Keramik, den Steingeräten sowie in den Hausgrundrissen legen den Schluss nahe, dass es sich hier möglicherweise um die Mutterkultur (Vorläuferkultur) der späteren Bandkeramik handelt.

Vom Donautiefland aus drangen die frühen Bauern nach Norden und Westen vor, wobei sie zunächst die fruchtbaren Lößgebiete entlang der großen Flusstäler von Donau, Rhein und Main besiedelten.

Im Laufe des 6. Jahrtausends breitete sich die neolithische Bauernkultur (Bandkeramik) über ganz Zentraleuropa von den Niederlanden bis nach Ungarn aus.

Die Besiedelung Oberfrankens erfolgte vermutlich vom Rheingebiet und Mainfranken oder von der Donauregion im Südosten her. Werner Schönweiss, der 1959/60 die bandkeramische Siedlung von Zilgendorf ergraben hat, zieht auch die Möglichkeit einer Besiedelung unserer Region von Thüringen aus über den Coburger Itztalgrund in Betracht.

Fußnoten:

1) Vgl.: Hans Peter Uerpmann, Die Anfänge von Tierhaltung und Pflanzenanbau, in:  Urgeschichte in Baden Württemberg, S. 405

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