BEILAGEN

 

Titelblatt

Inhalt

Vorwort

Kap. 1

Kap. 2

Kap 3.1

Kap 3.2

Kap 3.3

Kap. 4

Quellen

4.   Abschließende  Zusammenfassung und Bewertung der Propaganda

Die Durchsicht der Ausgaben des Lichtenfelser Tagblattes zeigt, dass sich die NS Propaganda ganz bestimmter charakteristischer Mittel bedient:

 Häufig  inhaltlich und sprachlich wiederkehrende Darstellungsweisen fallen auf.  Die immer wieder erscheinenden fast gleichlautenden Zeitungsartikel dienen dazu, in den Köpfen der Leser einen bestimmten Eindruck oder eine Stimmung einzuprägen. Beispielhaft hierfür ist die tägliche Beeinflussung im Vorfeld des Polenfeldzuges, die den polnischen Staat  als Feindbild  aufbauen soll. Hinzu kommt, dass es der Bevölkerung nicht erlaubt war, sich ausländischer Medien zu bedienen. Das Informationsmonopol des NS-Regimes erzwang so indirekt die Aufnahmebereitschaft des Volkes für die Botschaften der Nationalsozialisten.   

 Insgesamt sind die Darstellungen im Lichtenfelser Tagblatt jener Zeit sehr einfach und leicht verständlich gestaltet. Bestimmte, mühelos nachvollziehbare Grundmuster erscheinen immer wieder, so das Motiv der Vergeltung gegen einen feindlichen Aggressor. In diesem Zusammenhang lenkt die Propaganda vor allem auf emotionaler Ebene und stützt sich auf Grundängste der Bevölkerung,  so zum Beispiel gegen Endes des Krieges, wo  Ungewissheit und Angst vor dem unbekannten Feind im Bewusstsein der Bevölkerung gehalten und verstärkt werden. Zu den  leicht verständlichen Darstellungen gehört auch der  geschickte Einsatz von graphischen Mitteln wie Bildern  oder Landkarten. Über diesen Aspekt  der Propaganda schrieb  Hitler in „Mein Kampf“: 

 Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistigen Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen , an die sie  sich zu richten gedenkt (...) Handelt es sich  [um]  die Durchhaltung eines Krieges (...), so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen nicht groß genug sein (...). Die  Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß.[103]

 

Ein weiteres wesentliches Instrument für den Erfolg der nationalsozialistischen Propaganda ist die Funktion der Sprache. Sie ist nicht nur sehr schlicht und leicht verständlich (siehe oben), sondern in sich genau durchdacht. Dazu gehört zum Beispiel die Vermeidung bestimmter Begriffe und die Verwendung eines sorgfältig ausgesuchten Wortschatzes.[104] So wurde  1939 beim Angriff auf Polen die Anweisung gegeben, das Wort ‘Krieg’ nicht zu verwenden.[105] Später schreibt das Lichtenfelser Tagblatt statt über Rückzugsgefechte  nur über  „Abwehrerfolge“ .[106]

 Vor allem bei der Darstellung der Feinde verwendet die Propaganda häufig das Mittel der „Ironisierung des Gegners“.[107] So soll dessen Schwäche aufgezeigt und zugleich Hass und Aggressionen gegen ihn geweckt  werden. Ein Beispiel dafür  ist ein Kommentar über den Tonnagekrieg  im Lichtenfelser Tagblatt vom 2.3.42 :

 Die USA stellen eine Bauziffer  von sechs Millionen Tonnen für das Jahr 1943 auf (...) Aber weniger schön wird man es an englischen Kaminen empfinden, dass im Jahre 1941 (...) nicht einmal eine Million BRT gebaut werden konnten.[108]

 

 Der angesprochene Textausschnitt versucht mit seiner Ironie dem Leser zwei Eindrücke zu   vermitteln. Zum einen werden die Briten als dumm dargestellt, andererseits weckt das Bild vom Kamin vor dem Hintergrund von Rationalisierungsmaßnahmen oder Arbeitsverpflichtungen,  denen die Bevölkerung ausgesetzt war, Wut und Hass gegenüber den als  faul dargestellten Engländern. 

Das Hauptmittel der Propaganda ist zweifelsohne die Lüge, die zum einen aktiv als Lenkungs-   und andererseits als Vertuschungsmittel   dient und   deren  Wirkung  Hitler  schon  in  „Mein Kampf“ beschrieb:

 In der Größe der Lüge [liegt] immer ein gewisser Faktor des Geglaubtwerdens (...), da die breite Masse eines Volkes (...) bei der primitiven Einfalt  ihres Gemütes einer großen Lüge leichter zum Opfer fällt als einer kleinen, da sie selber ja wohl manchmal im kleinen lügt, jedoch vor zu großen Lügen  sich doch zu sehr schämen würde.[109]

 

Dies zeigt, dass die Nationalsozialisten die Lüge nicht nur als einfaches Mittel betrachteten, sondern sie, ihrer Wirkung  bewusst,  als steuerndes Element in ihre Politik mit einbezogen. Absurde und leicht durchschaubar scheinende Darstellungen im Lichtenfelser Tagblatt  sind so  gerechtfertigt. Ein anderer Aspekt ist  in diesem Zusammenhang  das schon angesprochene Informationsmonopol des NS- Staates, das die Kritik- und Vergleichsmöglichkeit der Leser  von langer Hand unterband. Staatliche Autorität, Obrigkeitshörigkeit  und nationalistisches Denken machten so die Berichte  glaubhaft. 

 Versucht man die Propaganda zu bewerten, so kann man feststellen, dass das Propagandaministerium ausgefeilte und durchdachte Methoden anwandte, um  die Stimmung und Meinung der Massen  zu lenken. Insgesamt agiert sie in der Phase militärischer Erfolge zu Beginn des Krieges, mit der Kriegswende reagiert sie auf die Entwicklungen. Erst im letzen Abschnitt verfolgt sie wieder offensiv das Ziel der Mobilisierung der Bevölkerung.

 Die Frage, inwieweit die  Propaganda Erfolg bei der Mobilisierung und Lenkung der Bevölkerung  hatte, ist dagegen schwer zu beantworten. Zu viele individuelle Faktoren wie  Einzelschicksale, Berichte von Angehörigen oder persönliche  Erfahrungen, Ängste oder Ansichten sind im Nachhinein zu berücksichtigen, als dass ein eindeutiges Urteil darüber gefällt werden könnte, ob und wann  die Propaganda  ihre Ziele erreichte. Hans-Ulrich Thamer schreibt zum Beispiel,  dass „die Wende des Krieges (...) den letzten Beweis dafür [erbrachte], dass der politische und materielle Erfolg des Regimes über den Erfolg der Propaganda entschied“. [110] Die Tatsache, dass  viele sich bis zuletzt mit Überzeugung für den NS- Staat einsetzten , zeigt aber, dass diese Feststellung keine Allgemeingültigkeit besitzt. Wissenschaftliche Geschichtsforschung  stößt hier an ihre Grenzen. Sie kann keine eindeutigen Antworten geben, sondern vielmehr nur versuchen, das Problem aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten.

 

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[103] Adolf Hitler, Mein Kampf, München, Verlag Franz Eher, 1933, 18.Aulage, S. 197 f.

[104] Johannes Hempel (Hrsg.), Der Nationalsozialismus Band III, S. 174 f.f.

[105] Hans- Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt Deutschland 1939-1945, S. 433

[106] Vergleiche dazu LT 11.1.43 (Stalingrad) mit  LT 29.7.44  (Landung in Normandie).

[107] Johannes Hempel (Hrsg.), Der Nationalsozialismus Band III, S. 176

[108] Siehe dazu Lichtenfelser Tagblatt Ausgabe vom 2.3.42 ; Nr. 51

[109] Adolf Hitler, Mein Kampf, München, Verlag Franz Eher, 1933, 18.Aulage, S. 252

[110] Hans- Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt. Deutschland 1939-1945, S. 434