| 
          Der Schützenanger um 1730,  
            damals noch Schiffanger genannt (Ausschnitt aus einem Lichtenfelser 
            Flurplan um 1730. In der Mitte des Bildes die erste Schießhütte. Rechts 
            dahinter die Lange Brücke sowie der Eingang zur Alten Coburger Straße 
            mit Geleitstein und Zolltafel. Im Vordergrund links der Turm der Spitalkirche, 
            rechts die Spitze des Bamberger Tores.) 
             
           | 
         
       
        
        
      Eng mit dem Lichtenfelser Freischießen ist der Ort verbunden, 
        auf dem seit mehr als 250 Jahren dieses gefeiert wird, die Schützenwiese. 
        Obwohl sie mitten in der Stadt liegt, bleibt sie doch vom störenden Verkehr 
        verschont und bildet somit einen idealen Vergnügungspark inmitten einer 
        freundlichen Umgebung. 
        
      Die Schützenwiese wird vom Main und Mühlbach begrenzt; mächtige 
        Linden, hohe Pappeln, dazu Eschen und Weiden bieten den Festbesuchern 
        Schutz vor Sonne und Wind und schmücken den Schützenplatz. Von hier aus 
        kann man auf Burgberg und Herberg blicken und in weiterer Ferne noch Schloss 
        Banz und den Staffelberg sehen. In der Mitte des Schützenangers liegt 
        heute das Schützenhaus, an dessen Biergarten sich während des Schützenfestes 
        die Betriebe und Schausteller anreihen. 
        
      Im 16. Jahrhundert wird der Burgberg als Schießplatz angegeben. 
        Er darf wohl als die älteste Schießstätte angesehen werden. Wann aber 
        zum ersten Mal auf der heutigen Schützenwiese geschossen wurde, ist nicht 
        genau bekannt. Wahrscheinlich war es zu Anfang des 19. Jahrhunderts, denn 
        erstmals wird die Schießmauer auf dem Anger im Jahre 1827 erwähnt. Damals 
        bezeichnete man das große, unbebaute und öde Gelände nördlich des Mühlbaches 
        als Gemeinanger". Mit der wirtschaftlichen Entfaltung der Stadt 
        wurde erst allmählich der Platz in den oberen und unteren Anger, sowie 
        in den Schlaf- und Steinanger unterteilt. Der an die Stadt angrenzende 
        Teil hieß S c h i f f a n g e r . Dieser Name tauchte erstmals kurz nach 
        dem Bauernkrieg im Jahre 1526 auf. Nach einer Forstrechnung aus diesem 
        Jahr gab der Forstmeister den Bürgern der Stadt 24 kleine Hölzer zum Wasserbau 
        auf dem Schiffanger. Auf diesem Schiffanger arbeiteten die Lichtenfelser 
        Schiff- und Schelchmacher. Ihre Schelche fuhren nicht nur bis Schweinfurt, 
        Würzburg und Frankfurt, sondern vollbeladen mit Waren den Rhein abwärts 
        bis nach Holland. 
        
      Die beigehefteten historischen Bilder verdeutlichen die Lage 
        der Schützenwiese: Das obere Bildzeigt einen Ausschnitt aus einem Lichtenfelser 
        Flurplan um 1730. Der Anger ist hier noch völlig kahl, nur einen alten, 
        kräftigen Baum, vielleicht eine Linde, kann man erblicken. Ferner sieht 
        man zwei kleine Hütten; die eine stellt die Werkstätte von Schiffmachern, 
        die andere bereits die erste Schießhütte dar, vor der ein Schelchmacher 
        bei der Arbeit zu erkennen ist. Rechts dahinter erstreckt sich die Lange 
        Brücke, die zur Alten Coburger Straße mit Geleitstein und Zolltafel führt. 
        Links im Vordergrund erhebt sich der Turm der Spitalkirche, rechts ragt 
        die Spitze des Bamberger Tores hervor. 
        
      In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts starb das Handwerk 
        der Schiffmacher am Main aus. Die Ursache hierfür war wohl ursprünglich 
        die Entstehung von Fuhrunternehmen, dann der Ausbau der Eisenbahn, die 
        den Verkehr auf dem Wasser zurückdrängten. 
        
      
        
            
             
           | 
          Stammbuchblatt: Lichtenfels im 
            Jahre 1816. 
            Tuschzeichnung eines unbekannten Porzellanmalers aus 
            Lichtenfels oder Hausen. Das Original befindet sich in Privatbesitz 
            in Bamberg. Auftraggeber war Bürgermeister und Porzellanfabrikant 
            Joseph Silbermann in Lichtenfels.
             
           | 
         
       
      Dieses Bild zeigt im Vordergrund den mit Linden und Pappeln 
        bepflanzten Schützenanger. In seiner Mitte befindet sich der Schießplatz 
        mit dem Schützenstand und dem Mast mit Adler, der beim Vogelschießen als 
        Ziel benutzt wurde. Wann der Anger mit Bäumen bepflanzt wurde, ist aus 
        den vorliegenden Quellen nicht genau zu entnehmen, doch gibt es eine Notiz 
        aus dem Jahre 1715, in der es heißt: Die Linden auf dem Anger sollen 
        unten mit Pfählen ringsum eingezäunt werden." 14) 
        
      Laut Stadtrechnung von 1716 zahlte der Bürgermeister dem 
        Banzer Klosterjäger vier Pfund sechs Pfennig Trinkgeld für die Lindenwildlinge, 
        die er für den Anger beschafft hatte. Doch die damals gepflanzten Linden 
        stehen schon lange nicht mehr, denn der Angerboden war nicht für sie geeignet, 
        und so konnten sie dort nicht richtig gedeihen. Trotzdem bemühten sich 
        die Bürger immer wieder, die Linden auf dem Anger zu erhalten. Der Stadt 
        stand das Hutrecht unter den Linden zu, sie nutzte es aber nicht. Noch 
        im Jahre 1750 durften die Bürger Schweine und Gänse dorthin treiben. Der 
        Schiffanger bei der Schießmauer hat Gemeine Stadt allein zu behüten, ist 
        aber wegen der Schweine und Gänsen mit zu genießen." 15) 
        
      Der Taglöhner Lorenz Müller erhielt 1807 zwei Gulden, weil 
        er 16 Linden im Wald ausgegraben und auf den Schießanger gesetzt hatte; 
        1808 pflanzte er noch einmal 16 Linden.16) 
        
      Die Stadtrechnungen geben noch mehr Aufschluß über die weitere 
        Bepflanzung. Im Jahre 1834 wurden 25 Pappelbäume, die aus einem Grundstück 
        Felix Silbermanns stammten, gepflanzt. Zwei Jahre später wurde die Schießbahn 
        mit 41 Pappeln umsäumt, die wieder Silbermann zur Verfügung stellte. Diese 
        Pappelanpflanzungen wurden in den Jahren 1838/39 und 1855 fortgesetzt, 
        aber sie hatten keine große Lebensdauer. Im Laufe der Zeit mussten alle 
        Bäume gefällt werden, die letzte und älteste Pappel im Jahre 1935 aus 
        Gründen der Sicherheit, da sie völlig hohl war. 
        
      1856 beschloss der Magistrat, das Viehhüten auf dem Schießplatz 
        mit einem Gulden und dreißig Kreuzern zu bestrafen. Diese Androhung blieb 
        aber wirkungslos, und so wurde die Verpachtung der Grasnutzung am 
        Schießanger, jedoch ohne alle Garantie einer Ernte", beschlossen.l7) 
        
      Zur Verschönerung des Platzes vor dem Schießhaus legte man 
        1873 ein Rondell an. Doch dieser Blumenschmuck konnte ebenfalls nicht 
        richtig gedeihen, da immer noch Gänse und Hühner frei herumliefen. 
        
      Neue Gefahren drohten dem Schießanger durch die Stadterweiterung. 
        Er sollte für Bauplätze herangezogen werden. Im Jahre 1921 erschien ein 
        Inserat im Lichtenfelser Tagblatt": Aufruf an Alle! Große 
        Protestversammlung gegen den Beschluss des Stadtrates wegen Bebauung des 
        Schießangers, unseres letzten Restes ungeteilten Eigentums, des Tummelplatzes 
        unserer Jugend!"18) Diese von den Gegnern der Bebauung des 
        Schießangers einberufene Protestversammlung wurde von vielen Bürgern der 
        Stadt besucht, und alle forderten, dass der Anger in seiner jetzigen Gestalt 
        der Bevölkerung, besonders im Interesse der Hausfrauen und der Jugend, 
        erhalten bleiben müsste. 
        
      Die Versammlung nahm folgende Resolution einstimmig an: Die 
        heute, Dienstag, den 21. Juni, abends 8 Uhr im Saale der Witwe Püls versammelten 
        Bürger und Sportanhänger der Stadt Lichtenfels erheben hiermit schärfsten 
        Protest gegen den gefassten Beschluss des Stadtrates betreff Bebauung 
        des Schießangers bzw. Sportplatzes des Fußballclubs. Der Schießanger soll 
        und muss ein für alle mal als öffentlicher Platz dienen, was er seit Menschengedenken 
        gewesen ist. Und zwar als Schießplatz der Scharfschützen, Übungsplatz 
        der Feuerwehr, Belustigungsplatz für Volksfeste und andere Belustigungen, 
        Turnplatz der Turnvereine, Tennisplatz der Tennisspieler, Sportplatz der 
        Sportvereine, Tummelplatz der Jugend, Weideplatz der Gänse und Ziegen, 
        Lagerplatz der Holzhändler, Wäschebleiche der Hausfrauen."19) 
        
      Diesem Antrag war ein großer Erfolg beschieden: die Schützenwiese 
        konnte der Bevölkerung erhalten bleiben, wenn sie auch heute nicht mehr 
        so viele Funktionen innehat wie zur damaligen Zeit. 
        
      1939 wurde beabsichtigt, den Anger in einen Stadtpark zu 
        verwandeln, doch konnte diese Idee wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges 
        nicht verwirklicht werden. Später geriet das Vorhaben wieder in Vergessenheit. 
        Auch der 1955 geäußerte Wunsch von den Sportverbänden, auf dem Anger ein 
        modernes Stadion zu errichten, wurde nicht in die Tat umgesetzt, und somit 
        blieb die Schützenwiese als Vergnügungspark bis heute erhalten. 
      
       |