Ekkehard Klement: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zur Reise Kaiser Napoleons I. durch den Mainkreis im Frühjahr 1812 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vor
161 Jahren versuchte Napoleon I. Bonaparte durch die Niederwerfung Russlands
seinem Ziel, der Weltherrschaft, näher zu kommen. Das Scheitern dieser
Absicht leitete seinen Sturz ein. Vergessen wird meistens, dass hunderttausende
Soldaten aus Mittel- und Westeuropa seinen Plänen zum Opfer fielen,
unbekannt weiterhin, dass sich seine Unternehmen in so friedlichen Dingen
wie Uferbefestigung der Haslach bei Kronach, Reparatur der Straße
über den Trieber Berg oder das Stellen von Vorspann am Würgauer
Berg im Obermaingebiet unmittelbar manifestierten. Mit dem Krieg der napoleonischen
Ära hatte Franken bereits 1796, 1800 und 1806 Bekanntschaft gemacht.
Im letztgenannten Jahr erfolgte der Aufmarsch gegen Preußen durch
die fränkischen Gebiete, das I. Korps (Bernadotte) war im Raume Lichtenfels
einquartiert, (Napoleon selbst legte die Strecke Bamberg - Kronach in 6
Stunden zurück). Der Durchzug des Kaisers im Mai 1812 ist im Staatsarchiv
Bamberg1) Gegenstand einer umfangreichen Korrespondenz.
Während die Heere des Absolutismus sich vorwiegend aus Magazinen versorgten
- dies war wegen des relativ geringeren Umfangs der Soldtruppen möglich
-, lebten die Heere der französischen Revolution aus dem Lande, wie
es im Dreißigjährigen Krieg üblich gewesen war. Napoleon
verband beide Systeme. Er verfügte über große Zentralmagazine
mit gewaltigen Vorräten, spannte aber auch das durchzogene Land zur
Truppenversorgung mit ein. Es spielte dabei nur eine geringe Rolle, ob
das durchquerte Territorium befreundet oder Feindesland war. Die Auswirkungen
dieses Versorgungsprinzips, das nicht nur in Kontributionen, sondern auch
in Hand- und Spanndiensten bestand, soll Gegenstand des Aufsatzes sein. Das
Königreich Bayern, das dem Rheinbunde von 1806 angehörte, war
damals (1812) nach dem Vorbild der französischen Departments, die
zum Großteil von Flüssen den Namen tragen, in den Mainkreis
(Bayreuth), den Rezatkreis (Ansbach), den Regenkreis (Regensburg), den
Oberdonaukreis (Eichstätt), den Isarkreis (München), den Unterdonaukreis
(Passau) und den Illerkreis (Kempten) gegliedert - dazu kamen die heute
nichtbayerischen Gebiete des Salzachkreises (Salzburg) und des Innkreises
(Innsbruck) .2) Montgelas' Wirken als Organisator Bayerns
macht sich bis heute deutlich bemerkbar, wenn auch die Generalkommissariate
der Kreise nur ungefähr den Regierungsbezirken entsprechen. Für
unseren Zusammenhang wichtig ist die Tatsache, dass Würzburg damals
ein eigenes Territorium (1803-14) des Großherzogs von Toskana bildete
und somit 1812 nicht zum Königreich Bayern gehörte. Selbstverständlich war den führenden Beamten des Königreiches Bayern, das seit der Säkularisation 1803 und in den darauffolgenden Jahren der Nachfolger der fränkischen Territorialfürsten geworden war, nicht unbekannt, dass der Kaiser eine Unternehmung gegen Russland plante, denn schon seit dem Ende des Winters 1811/1812 marschierten verschiedene Truppen, darunter die bayerischen, in die vorgesehenen Aufstellungsräume. Die bayerischen Verbände unter Wrede (2. bayer. Korps) waren im Raum Bamberg Erlangen - Nürnberg zusammengezogen worden. Am 10. März 1812 begann der Vormarsch in fünf Kolonnen mit je einem Tagesmarsch Abstand. Die 3. Kolonne, um ein Beispiel anzuführen, erreichte, von ihrem Quartier in Forchheim kommend, am 11. März Bamberg - am 12. Staffelstein - am 13. Kronach - am 14. Steinwiesen - am 15. war Rasttag in Steinwiesen - am 16. Lobenstein und am 17. Schleiz. 3) Die Bagagewagen mussten ab Kronach mit je 10-12 Ochsen bespannt werden, weil keine Pferde vorhanden waren. 4) Auf den Verlauf des Russlandfeldzuges 1812 soll hier nicht eingegangen werden, erinnert sei jedoch an die Tatsache, dass nur knapp 2% (!) der bayerischen Truppen aus Russland zurückkehrten. Unbekannt
war bis März 1812, dass Napoleon I. seinen persönlichen Reiseweg
über Franken nehmen würde. Auch Teilen der Garde dienten die
Mainlande als Aufmarschgebiet. Erst
am 31. März 1812 schrieb das Generalkreiskommissariat des Mainkreises
in Bayreuth nach Bamberg, dass der Kaiser kommen würde. Die genaue
Zeit und auch die exakte Route blieben im Augenblick noch ungenannt, doch
werden als Marschstationen, neben Bamberg, noch Staffelstein und Kronach
vermutet. In diesem Brief wird an die „Lieferung des Bedarfs an Lebensmitteln,
Fourage und Vorspann erinnert". Bayreuth ist sich aber über die Lieferschwierigkeiten
klar, denn im Schreiben heißt es: „Bei den bedeutenden Märschen,
welche bereits auf dieser Route stattgefunden haben, wird es großen
Schwierigkeiten unterliegen, die Bedürfnisse des Militärs herbeizuschaffen,
und es erfordert dies die angestrengteste Tätigkeit der Marschbehörden."
5) Als
Konsequenz aus dieser Erwartung musste besonders im Straßenbau größere
Aktivität entwickelte werden, „da es von der äußersten
Wichtigkeit ist, dass die Straßen, welche S. M. der Kaiser zu passieren
haben, sich in möglichst bestem Zustand befinden und ohne Gefahr zu
befahren sind, so wird diese (= kgl. Straßenbaudirektion) hiervon
in Kenntnis gesetzt und angewiesen, auf der Stelle alle Anordnungen zu
treffen, dass im allgemeinen die ganze Straße möglichst ausgebessert
und insbesondere die gefährlichen Passagen zwischen Hollfeld und Würgau,
dann von Kronach bis an die Grenze nach Lobenstein in fahrbarem Zustande
versetzt werden .... Da die K. Direktion für jeden Aufenthalt und
Unfall, welche S. M. dem Kaiser auf der Reise begegnen könnte, zunächst
verantwortlich gemacht werden würde . . ." 6). Zunächst
blieb weiterhin unbekannt, welche Route Napoleon wählen würde.
Der Außerordentliche Gesandte und Bevollmächtigte Minister v.
Reding, der das Königreich Bayern in Würzburg beim dortigen Großherzog
von Toskana vertrat, kann Graf Thürheim, dem Generalkreiskommissar
des Mainkreises, auch am 3. April 1812 7) nur verschiedene
Möglichkeiten nennen. Sicher war nur die Reise bis Würzburg,
ob aber der Kaiser von dort nach Bamberg weiterfahren würde, oder
über Schweinfurt - (Bad) Neustadt -Meiningen nach Dresden reisen wollte,
vielleicht auch über Schweinfurt - Ebern - Coburg -, oder ob er die
Strecke Bamberg - Kronach. - Nordhalben - Lobenstein, bzw. Bamberg - Würgau
- Hollfeld - Bayreuth - Hof für die Reise nach Dresden verwenden würde,
war unklar. Auch der Zeitpunkt blieb vollkommen geheim. Wir müssen
uns vorstellen, dass Napoleon die Strecke Bamberg - Bayreuth, die er schließlich
wählte, in sieben Stunden zurücklegte, und alle Aufwendungen,
die seine Person betrafen, sich auf diese Zeitspanne beschränkten.
Offensichtlich arbeiteten die bayerischen Straßenbehörden nach
französischen Vorstellungen nicht rasch genug, denn nur so ist es
zu verstehen, dass am 12. April reklamiert wird: „Le
commandant du Genie ä la 2e Division de la Garde Imperiale: J'ai 1'honneur
de vous prevenir, que d'apres les rapportes, qui ont ete faite ä M.
le comte Walther . . . ., sur le mauvais etat de la route. J'ai re2u fordre,
de faire requisitions dans les villages ä portees de la route, en
hommes et cheveaux, qui me paraitront necessaires aux reparations urgentes
. . ." („Der
Kommandeur der Bautruppen der 2. Division der Kaisergarde: Ich habe die
Ehre, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass nach den Meldungen, die dem
Grafen Walther gemacht worden waren, der Zustand der (Vormarsch-) Straße
sehr schlecht ist. Ich habe den Befehl erhalten, in den Dörfern, die
von der (Vormarsch-) Straße aus erreichbar sind, Menschen und Pferde
zum Dienst heranzuziehen, dies erscheint mir für die dringlichsten
Ausbesserungen notwendig . . .") 8) Daraufhin
scheint eine erhebliche Intensität der angesprochenen Dienststellen
eingesetzt zu haben, denn schon am 16. April meldet Hollfeld den Beginn
der Pflasterung, und aus Münchberg kommt zwei Tage später der
Bericht, dass die Chaussee abgefahren und für den Kaiser hergerichtet
sei. „ . . . und nun nichts anderes sagen kann, als dass solche so beschaffen
ist, dass S. M. der Kaiser von Frankreich mit deren Allerhöchsten
Gefolge ohne Anstoß durchpassieren kann." 9)
Zwei besonders schwierige Teile waren der Würgauer und der Trieber
Berg, der erstere wurde wie folgt beschrieben: Würgau „liegt eine
Stunde oberhalb Scheßlitz am Ende des dortigen Wiesengrundes. Von
Bamberg kommt man auf einer mit Viertelstundensteinen versehenen Chaussee
von gemeinen 60tausend Schuhen (= 18 km) bis an das Ort, welches in Bäumen
ganz versteckt ist." 10) „Von diesem Ort kommt man auf
das Gebirge, wo die Straße einen steilen Berg zwischen Felsenklippen
hinaufgeht, einerseits stürzt sich ein rauschendes Quellwasser herab,
das am Berge im Holze entspringt, andererseits entspringt eine andere Quelle."
11) Von
den Einwohnern Würgaus heißt es: „ . . . sie verdienen aber
Geld durch das Vorspannen." 12) Da
ursprünglich, wie bereits angeführt, auch eine Reise des Kaisers
über Staffelstein - Lichtenfels - Kronach -wie er sie 1806 unternommen
hatte, möglich erschien, musste auch der Trieber Berg, bzw. die über
ihn verlaufende Straße in fahrbereiten Zustand versetzt werden. In
der Beschreibung heißt es: „Da die Landstraße nächst an
Trieb vorbeigeht und die Chaussee von dem schwäbischen Baumeister
Lachmayr höher (= steiler) angelegt worden ist, als zuvor der Berg
war, so verdienen die dortigen Untertanen manches Geld durch Vorspann."
13) Die
Aufwendungen, die angeführt wurden, um die Chaussee bei Trieb zu reparieren,
sind in einer Aufstellung vom 23. Juni 1812 erhalten. Die
gewährte Erstattung betrug für einen Wagen mit Fahrer 1 Gulden
30 Kreuzer, am Tage, für einen Handarbeiter 20 Kreuzer (Gulden: 60
Kreuzer = 240 Pfennige). Es ist sehr schwierig, einen Vergleichsmaßstab für die reale Entlohnung zu finden. Vor Beginn der Revolutionskriege (1790) kostete in Bamberg ein Pfund Weißbrot vier Kreuzer, ein Pfund Schwarzbrot neun Pfennige, eine Maß Bier elf Pfennige. 14) Inzwischen waren aber die Preise, durch die zahlreichen kriegerischen Verwicklungen bedingt, sehr gestiegen, ohne dass dafür genaue Beispiele vorliegen. „Die
Kosten der Straßenausbesserungen bei der vermeintlichen Durchreise
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| Alle genannten Orte lagen im Gebiete des damaligen Landgerichtes Lichtenfels. Das Forstamt berechnete 7,30 Gulden an Holzentnahme für die Einfassung des Trieber Berges. Der Zimmermann Kraus aus Trieb verlangte einen Gulden für die Aufstellung des Geländers. Eine hohe Rechnung forderte Konrad Prinz aus Schwürbitz, nämlich 15 Gulden, weil alle Bauwagen über seine Wiese fuhren, um die Steine für die Auffüllung der Chaussee zu holen. ") Der Gesamtbetrag, der vom Landgericht Lichtenfels beim Generalkommissariat des Mainkreises gemeldet wurde, betrug ca. 175 Gulden. - Zu erwähnen bleibt noch, dass die damaligen Landgerichte auch Verwaltungsaufgaben, vergleichbar den heutigen Kreisbehörden, wahrnahmen. Gleichfalls
am 31. März 1812, 17) dem zeitlichen Ausgangspunkt
der vorliegenden Darstellung, teilte Baron Reding aus Würzburg dem
Mainkreis mit, dass am nächsten Tage 8000 Gardesoldaten mit 4 500
Pferden in Würzburg ankämen, um von dort über Bamberg-Bayreuth
weiterzuziehen. Interessant sind die Etappen der französischen Fußtruppen, die sie beim Durchqueren Frankens verwendeten. Sie liefen nach folgendem Schema ab: Würzburg - Dettelbach - in der Nähe von Schwarzenau war eine Brücke gebaut worden - Burgwindheim - Bamberg - Würgau - Hollfeld - Bayreuth -(Bad) Berneck - Münchberg - Hof - Plauen. 18) Die Strecke Burgwindheim - Hof gehörte zum von Bayreuth aus verwalteten Mainkreis. Diese acht Tagesetappen (ab Burgwindheim) verlängerten sich durch einen planmäßig eingelegten Ruhetag (10. April) um eine weitere Übernachtung.
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Das
Generalkommissariat des Mainkreises berichtete am 9. April an das kgl.
Ministerium des Auswärtigen in München, dass sieben Regimenter
mit 8 500 Mann und 4 500 Pferden 9 Tage im Mainkreis verweilen werden.
Wörtlich heißt es dann weiter: „Da diese Truppen die bereits
angezeigte Marschroute über Würgau - Hollfeld verfolgen, so sind
sie auch inclusive Ruhetag neun Tage in dem Mainkreise zu verpflegen, der
deshalb auch diesen fortandauernden und drückenden Lasten bis zur
gänzlichen Erschöpfung und Vernichtung unterliegen muss . . .
Den Fouragebedarf zu führen, wird eine völlige Unmöglichkeit
und ich (= Graf Thürheim) muss daher ebenso dringend als ehrerbietig
meinen, die Forderungen an Fourage aus dem Regenkreise (= Oberpfalz) schleunigst
verfügen zu wollen." 19) Ein
Garderegiment zu Fuß verfügte über 1 600 Mann in zwei Bataillonen
mit je 4 Kompanien. Ein Garderegiment zu Pferd 300 Mann. 20) Von
Bamberg war eine Meldung des Postmeisters, Grafen von Taufkirchen, am 6.
April nach Bayreuth gegangen, die optimistisch klang: „Es sind alle Vorbereitungen
getroffen, die eine glückliche Beendigung des Geschäftes voraussehen
lassen. 21) Offensichtlich bezieht sich der Alarmruf
des MainkreisGeneralkommissariats auf die Verhältnisse der kleineren
Marschstationen. Allerdings sieht sich auch Bamberg veranlasst, am 10.
April vorzuschlagen, dass die Gardedragoner nicht in der Stadt selbst,
sondern in Hallstadt, Scheßlitz und Straßgiech Rast machen.
22) Mit
dem Verhalten der französischen Truppen, die z. T. aus linksrheinischdeutschen
und niederländischen Departments kamen, war man allgemein zufrieden,
wie aus einem Brief vom 7. April hervorgeht, der allerdings noch
vom Anfang der Durchmarschphase stammt: „Die Mannschaft hat sich gut betragen
. . . Die Generale bleiben durchaus bei den Truppen, ohne eine Etappe zu
überspringen." 23) Kritik
wird an der Tatsache laut, dass die französische Marschplanung ausgerechnet
die Poststationen als Quartiere wählt, deshalb sei die Versorgung
so schwierig. Die Forderung zur Stellung von 100 000 Rationen und 16 000
Paar Schuhen ist sehr schwer nur zu erfüllen, „wozu natürlich
das ganze Land kontributieren MUß.„ 24) Für
die Bagage des jeweiligen Tagesregiments werden am Würgauer Berg jeweils
70 Pferde benötigt, 25) das Landgericht Weismain
wird aufgefordert, dem Landgericht Hollfeld Hilfe angedeihen zu lassen,
um die benötigte Pferdezahl aufzubringen. Zusammenfassend äußert
sich das Generalkommissariat des Mainkreises am 17. April an das kgl. Ministerium
des Auswärtigen dahingehend: „Die kurzen Märsche, welche diese
Regimenter täglich zurücklegen, vermehren nicht nur die Last
der Untertanen unverhältnismäßig, sondern veranlassen auch
für die Behörden die größten Schwierigkeiten wegen
Unterbringung der Mannschaft . . . Im allgemeinen führen sich die
Garden gut auf und es wird Manneszucht gehalten, jedoch machen sie durchaus
größere Forderungen . . . Besonders verlangen sie durchaus größere
Fourage Rationen und von den Gemeinden, wo sie in Quartier liegen, noch
beträchtliche Zulieferungen." 26) Nachdem
Ende April 1812 eine weitere Truppenwelle, zu der auch drei polnische Regimenter,
Gendarmes d' Elite, Lanciers und Grenadiere zu Pferde gehörten, 27)
durchgezogen war, blickte der bayerische Behördenapparat dem Erscheinen
des bewunderten, gefürchteten und auch gehassten Kaisers entgegen. Wohl
war es gelungen, die Straßen instandzusetzen, doch nun ergab sich
die neue Aufgabe, genug Pferde als Vorspann für den Kaiser und sein
persönliches Gefolge aufzutreiben. Erst
am 9. Mai 1812 teilte von Reding dem Generalkreiskommissar des Mainkreises,
dem Grafen v. Thürheim mit, dass die Anreise des Kaisers unmittelbar
bevorstünde. 28) Gleichzeitig erfährt er die
Etappen des Kaisers. Baron Reding gab bekannt: Napoleon fährt aus
Paris ab in der Nacht vom 7./8. Mai mit folgenden Tageszielen: Chälons
sur-Marne 8. - Metz 9. - Mainz 10. - Aschaffenburg 11. - Würzburg
12. - Bayreuth 13. Mai. Tatsächlich aber begann Napoleon seine Fahrt
erst am 9. Mai in Paris, 29) am 13. Mai Vormittag 9 Uhr
war er in Aschaffenburg: „Am 13. Mai morgens 9 Uhr ist der Kaiser Napoleon
hier eingetroffen. Den Tag vorher war die kostspielige große Beleuchtung
hier gewesen. Alle Glocken wurden zusammengeläutet. Nach dem Frühstück
reiste er ab nach Dresden." 30) Auf diese Meldung hin
begannen die Beamten in Bayreuth hastig zu arbeiten, wie die Menge der
Schriftstücke beweist, die am 10. Mai aus Bayreuth in die verschiedenen
Landgerichte abging. Da Napoleon also den Würgauer Berg überwinden
musste und der kaiserliche Konvoi aus drei Teilen bestand, von denen die
Vorhut am 12. Mai (nach dem mitgeteilten Termin) 160 Zugpferde, die Kaisergruppe
am 13. Mai 120 Pferde und die Nachhut am 14. Mai 100 Tiere Vorspann benötigte,
31) erging der Befehl, bis spätestens 12. Mai, morgens
vier Uhr, die Pferde bei Würgau versammelt zu haben. 32)
- Auch für die übrigen Tagesetappen wurden 300 Pferde als Vorspann
benötigt. 33) Weismain,
damals ebenfalls noch ein Landgericht, erhielt die Auflage, 30 Pferde für
die Etappe bis Bayreuth nach Hollfeld zu schicken. „Die Wichtigkeit des
Gegenstandes macht es zur unerläßlichen Pflicht, für den
vollständigen Vollzug dieser Verfügung die genaueste Sorge zu
tragen, da jedes Versehen . . . die nachdrücklichste Bestrafung unausbleiblich
zur Folge haben MUß." 34) Am
gleichen Tage fordert Bayreuth beim kgl. Postmeister in Bamberg, dem Grafen
von Taufkirchen, weitere 1203 Pferde an, davon sollen das Landgericht Banz
61, das Landgericht Lichtenfels 120 und das Landgericht Kronach 125 Tiere
stellen. 35) Der Grund liegt in der mangelnden Amtshilfe
des Regenkreises (Graf von Lodron), wie Bayreuth meint. Wahrscheinlich
waren dort aber die Verhältnisse auch nicht besser. Am
11. Mai erreicht das Generalkreiskommissariat ein Schreiben des Landgerichts
Weismain, das 6 Tage unterwegs war. Das dortige Landgericht hatte vorsorglich
seine Erschöpfung an Spannpferden mitgeteilt: „Die Pferde des hiesigen
Bezirks sind teils so abgetrieben und entkräftet, teils auch krank,
dass sie nicht im Stande sind, Vorspanndienste zu leisten. Nur zehn, höchstens
zwölf Pferde können zu Militärfuhren gebraucht werden, aber
auch nicht andauernd, wenn sie nicht ebenfalls kraftlos und elend werden
sollen". 36) Als
Grund wird angegeben, dass sie seit Mitte März für bayerische
und französische Truppen laufend eingesetzt werden und dabei nie in
den Stall kamen. Abschließend endet das Schreiben aus Weismain, „das
gehorsamst Unterzeichnete (= Landgericht Weismain) macht hiervon die schuldigste
Anzeige, um sich gegen Verantwortlichkeit im voraus zu sichern. . ." (!)
37) Gleichzeitig
mit diesem Brief trifft auch die Antwort für die Gestellung der dreißig
Pferde nach der Forderung des Vortages ein: es seien überhaupt nur
45 Pferde im Bezirk und eine absolute Unmöglichkeit, zum genannten
Termin dreißig Pferde nach Hollfeld zu bringen. 38)
? Das Generalkreiskommissariat kümmert sich sogar um die Pferderationen
und schreibt täglich acht Maß Hafer, zehn Pfund Heu und neun
Pfund Stroh vor. 39) Über
die Durchreise des Kaisers geht nichts aus den Akten hervor, denn sie dauert
nur sieben Stunden. Die Gardeulanen (Lanciers des Gardes) und die Gardejäger
zu Pferde (Chausseurs ä Cheval des Gardes) bildeten seine Eskorte
40) (ca. 300 Mann). Wir erfahren noch, dass die Ehrenpforte
am Erlanger Turm in Bayreuth „von mutwilligen Personen an verschiedenen
Stellen schon sehr beschädigt" wurde, was wohl mehr Unfug als bewusste
politische Demonstration war, obgleich das Ansehen Napoleons in Deutschland
1812 nicht mehr sehr hoch stand. Doch es blieb die Furcht vor dem allmächtig
erscheinenden Korsen. Abschließend
soll nicht unerwähnt bleiben, dass im Jahre 1813, als Bayern vorsichtig
neutral blieb, unsere unmittelbare Umgebung bayerischen Truppen zur Garnison
diente. König Maximilian I. hatte am 6. März 1813 die Neuaufstellung
der in Russland vernichteten bayerischen Kontingente angeordnet. 42) Von
diesen Truppen wurde die 2. Brigade Ende März im Raume Bamberg stationiert,
43) davon das Kampfbataillon des 5. Regiments in Lichtenfels
und Umgebung, das Kampfbataillon des 7. Regiments in Weismain und Umgebung.
Auch diese Einheiten wurden Napoleon zunächst noch einmal zur Verfügung
gestellt, während die Masse des bayerischen Heeres aus politischen
Gründen in Altbayern blieb. Interessant
ist noch die Endabrechnung des Generalkreiskommissariats vom 7. Oktober
1816 „Zusammenstellung der Forderungen königlicher Untertanen." 44)
Sie betrugen insgesamt 2 207 Gulden und 141/2 Kreuzer. Für ein in
Verlust gegangenes Pferd wurden 70-120 Gulden bezahlt, für ein (damals,
1812) erkranktes Pferd 40-50 Gulden, für ein Pferd das seitdem lahmt,
20 Gulden. 45) Bemerkenswert
erscheinen die Antworten, der uns vor allem interessierenden Landgerichte
Banz, Lichtenfels und Weismain: Weismain meldet unter dem 7. Februar 1816:
46) Keine Beschädigungen oder Verluste von Vorspannpferden
bei Reisen des „vormaligen Kaisers von Frankreich"; Banz äußert
sich unter dem 27. September 1816 47) dahingehend, dass
„Pferde in den bemerkten Jahren nicht zu Verlust gingen." Lichtenfels antwortet
am gleichen Tage,48) dass es innerhalb der geforderten
Zweitagefrist keine Auskunft erteilen könne. Offensichtlich
konnten die drei Landgerichte für den Vorspann nicht herangezogen
werden, weil tatsächlich oder angeblich keine Pferde vorhanden waren,
wie dies für Weismain der Fall ist, oder es kamen wegen der Kürze
der Aufforderung die Pferde aus Lichtenfels und Banz nicht zum Einsatz. Sicherlich traf der „Atem der Weltgeschichte" im Frühling 1812 auch den Lichtenfelser Raum. Wenn wir aber bleibende Spuren in unserer Kulturlandschaft suchen, so finden sich - ohne Kenntnis der Archivalien - keine Anhaltspunkte. Selbst der Ausbau der alten Straße über den Trieber Berg läßt sich aus dem heutigen Zustand nicht zurückschließen. Dennoch bleibt ihre Sicherung in unserem Landkreis die einzige konkrete Handlung im Zusammenhang mit den Weltherrschaftsplänen des Korsen. |